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Broschur, 152 Seiten, 67 s/w-Abbildungen,
1. Auflage 2005,
ISBN 978-3-931801-55-7
Leseprobe:
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»Mit der Monotonie des Jay, jeh, yeh, und wie das alles
heißt, sollte man doch Schluß machen.« Als
der Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht sich 1965 auf dem
»Kahlschlag-Plenum« des SED-Zentralkomitees beklagt,
hat der Beat, nach dem Rock'n'Roll die zweite internationale
Musikwelle, die DDR überrollt. Die SED sieht die »sozialistische
Nationalkultur« in Gefahr. Um der Fans Herr zu werden,
hatte die Justiz den Straftatbestand »Rowdytum«
eingeführt, die Leipziger »Rowdykartei« wird
Maßstab in der Republik. Elvis-Tolle und Entenstietz,
dann Pilzkopf und »wilde Mähnen« gelten als
»auffällig westliches« Erscheinungsbild,
Merkmale des Klassenfeinds und mithin als Sicherheitsrisiko.
Ausgrenzung, Überwachung, strafrechtliche Verfolgung
heißt die Strategie.
Als 1965 Bands verboten werden, setzen sich die Leipziger
Fans zur Wehr: Über Nacht tauchen Flugblätter auf,
die zu Protestmarsch und Demo auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz
am 31. Oktober aufrufen. Die Polizei greift mit Schlagstöcken
und Wasserwerfern ein. Demonstranten werden mit Gefängnis
bestraft und in die Braunkohle geschickt. Eine Graffitiserie
quer durch die Stadt schafft eine Gegenöffentlichkeit:
»Nur noch Beat«.
Yvonne Liebing, Jahrgang 1979, deckt die Maßnahmen der
SED und ihrer Staatsorgane anhand der Akten auf. Zeitzeugen
schildern, was Volkspolizei, das Ministeriums für Staatssicherheit
und seine Leipziger Bezirksverwaltung nicht festhalten konnten:
das Lebensgefühl, das sich einstellte bei den legendären
Konzerten der »Butlers« im »Immergrün«
in Kleinzschocher, unter den Rock-Staubwolken an der Parkbühne
im Clara-Zetkin-Park, an den Treffs der »Meuten«
und Cliquen am »Capitol« und vor anderen Kinos,
auf den »Broadways« Ernst-Thälmann- und Georg-Schwarz-Straße.
»Spannend und bedrückend«, urteilen Klaus
»Renft« und Hans-Dieter Schmidt im Begleitwort
über die vom Archiv Bürgerbewegung Leipzig e.V.
angeregte Stadtgeschichtsschreibung.
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